Zero Trust: Der IT-Türsteher für die Zukunft

Zero Trust klingt hart: null Vertrauen. Dabei geht es allerdings nicht darum, das Unternehmen ihren Mitarbeitern nicht vertrauen, sondern ihr IT-Sicherheitslevel erhöhen, um sich so beispielsweise vor Ransomware-Angriffen besser zu schützen. Denn jedes Gerät, das mit dem Firmennetz verbunden ist, bietet für Hacker ein potenzielles Einfallstor. Das gilt sogar für Drucker, wie Beispiele unter andrem aus der Logistikwelt in jüngerer Vergangenheit gezeigt haben. Nicht umsonst hat Druckerhersteller HP Millionen in eine Online-Marketingkampagne gesteckt, die Hollywoodschauspieler Christian Slater als „The Wolf“ zeigt, wie er in Firmennetzwerke eindringt – und zwar über Laptops und Drucker im Home Office. Hybrides Arbeiten ist definitiv ein Trend, der gekommen ist, um zu bleiben. Aber mit ihm gehen auch neue Herausforderungen einher, mit denen Firmen umgehen müssen.

Heimische PC als potenzielles Sicherheitsrisiko

Die Zunahme der Arbeit von daheim und die vermehrte Nutzung verschiedener Gerätetypen hat die Angriffsfläche von Unternehmen vergrößert. Herkömmliche Unternehmensarchitektur- und Sicherheitsmodelle geraten da schnell an ihre Grenzen. Denn gerade im Zuge der Umstellung während der Pandemie, als plötzlich alles schnell gehen musste, nutzen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren heimischen Computer, um sich im Firmennetzwerk anzumelden und remote zu arbeiten. BYOD – Bring Your Own Device nennt sich dieser Trend. Um dem zu begegnen, wird Zero Trust die klassische Netzwerksicherheit ablösen. Bis 2024, so schätzt das auf IT spezialisierte Marktforschungsunternehmen Gartner, werden mindestens 40 Prozent der gesamten Fernzugriffsnutzung vor allem über Zero Trust Network Access (ZTNA) erfolgen. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, denn Ende 2020 lag die Zugriffrate via ZTNA noch bei fünf Prozent.

Zero-Trust Network Access: Ein unbestechlicher Türsteher

Den grundlegenden Unterschied zur bisherigen Netzwerksicherheit erklärt vielleicht folgende Analogie: Stellen Sie sich vor, Sie gehen regelmäßig in eine Bar, die den Einlass über einen Türsteher regelt. Sie waren nun schon so oft dort, dass der Türsteher Sie kennt, ihnen sozusagen vertraut, und sie ohne lange Wartezeit oder irgendwelche Checks reinlässt. Ein Zero-Trust-Türsteher dagegen wird immer ihren Ausweis und ihre Taschen kontrollieren, bevor Sie in die Bar gehen – egal, wie oft Sie schon da waren oder wie gut Sie sich kennen. Es dient einfach der allgemeinen Sicherheit. So funktioniert, stark vereinfacht, ZTNA. Wer privat auf Ebay oder Amazon unterwegs ist, kennt das Prinzip bereits: Nach Eingabe der Zugangsdaten fragt die Plattform in einer zweiten Authentifizierungsstufe beispielsweise nach einem Code, der per App, SMS oder Mail verschickt wurde und eingegeben werden muss, bevor das Login bestätigt wird.

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Zero Trust verhindert Angriffe auf Netzwerkebene und setzt zugleich kontextbezogene Zugriffskontrollrichtlinien durch, die – im Falle einer adaptiven Authentifizierung – auf einer kontinuierlichen Bewertung und Überprüfung der Identität des Endbenutzers, dessen Standort, der Überprüfung des Gerätezustands und der Risikobewertung des Benutzers basieren.

„Ist das alles nicht ein wenig viel Aufwand?“, fragen Sie sich jetzt vielleicht. „Ist Zero Trust wirklich so entscheidend?“ Dazu nur eine einzige Zahl: 52,2 Milliarden Euro. So hoch war der Schaden bei deutschen Unternehmen allein 2020 durch Cyberangriffe aus dem Homeoffice – mehr als ein Viertel des Gesamtschadens durch Hackerangriffe. Grund genug, einen strengeren Türsteher einzustellen. Lassen Sie uns reden.

Das TMS ist tot. Es lebe das TMS!

Am Anfang war das Speditionsbuch – so könnte man die Geschichte der Transport Management Systeme (TMS) beginnen, wenn man sie aufschreiben wollte. Denn tatsächlich ging es zu Beginn der Entwicklung in der Logistik vor allem darum, den gewohnten Papierprozess zu digitalisieren. Sie erinnern sich vielleicht noch an das mittlerweile schon beinahe legendäre Zitat von Thorsten Dirks, Vorstandsvorsitzender der Telefónica Deutschland von 2015: „Wenn Sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben sie einen scheiß digitalen Prozess.“ Dieser Logik kann sich niemand entziehen. Deshalb konnte eine sinnvolle Digitalisierung des Speditionsbuches auch nicht bloß darin bestehen, die alten Abläufe exakt und unverändert digital abzubilden. Trotzdem wurden die Transport Management Systeme erst einmal immer umfangreicher.

TMS werden immer komplexer und aufgeblähter

„Historisch gewachsen“ – so umschreiben manche die Konstrukte liebevoll, die eigentlich schon längst aus der Zeit gefallen sind. Weil sie im Kern zwar noch ein TMS sind, aber mit so vielen Software-Anbauten, dass sie längst nicht mehr effizient funktionieren. Der Quellcode wurde aufgebläht, das Gesamtkonstrukt immer komplexer und schließlich nur noch für wenige Entwickler überhaupt durchschaubar. Denn viele Speditionen ließen sich ihre Software maßschneidern – weshalb neue Funktionen nicht einfach in den Standard integriert werden konnten. Stattdessen sind manche Systeme inzwischen von einem wahren Inselparadies an Detaillösungen umgeben. Mit einer Komplexität, die man bewundern kann, aber einer mitgeschleppten Historie im Code, die nicht mehr zielführend ist. Das klingt nach einer fernen Vergangenheit. Aber solche „historisch gewachsenen“ TMS sind auch heute noch vielerorts im Einsatz. Zum Problem geworden sind sie durch den Kundenanspruch, Optimierungen und neue Lösungen immer direkt im TMS vorzunehmen: Hier noch etwas anbauen und da noch etwas schrauben – schon passt es wieder. Auch für Spezialaufgaben, für die es eigentlich nie gedacht war. In der Konsequenz schaffen solche aufgeblähten Systeme längst nicht die erhoffte Effizienz.

Eine moderne Technologieumgebung ist der Schlüssel

Es ist ein wenig, als würde man den alten Rundhauber-Lkw aus den 70er Jahren im Fuhrpark über die Jahre retten wollen. Hier noch ein paar Sicherheitssysteme, dort noch einen Extra-Katalysator und dann noch eine Rückfahrkamera nachgerüstet – dann läuft er doch noch weiter! Warum etwas daran ändern? Mal ehrlich: das wäre doch eine absurde Vorstellung. Aber die digitale Welt ist so herrlich unkonkret. Wenn es nur Code ist, bleibt es schließlich immer noch digital. Wie schlecht kann das schon sein? Ich finde: Es wird Zeit, sich vom TMS zu verabschieden. Damit meine ich vor allem die Vorstellung, dass dieses System als eierlegende Wollmilchsau lebensfähig wäre. Es gibt längst eine Reihe von präziseren Instrumenten, die Informationen anreichern und im TMS sinnvoll ergänzen können. Technologieumgebung oder auch Ökosystem heißt hier das Stichwort. Dazu ist ein frischer Blick auf das Thema nötig. Das schließt den Willen ein, gewohnte Prozesse aufzubrechen, wenn es nötig ist. Denken Sie an die drastischen Worte von Thorsten Dirks. „Never change a running system“ und doch neue Technologien nutzen wollen, lässt sich eben nicht mehr miteinander vereinbaren.

Moderne TMS sind Teil einer Technologieumgebung

Das bedeutet beispielsweise für uns: Als Microsoft-Partner haben wir unser Produkt in deren Technologieumgebung integriert. Dort steht es nicht isoliert, sondern eingebettet in eine Vielzahl spezialisierter Lösungen – wie beispielsweise der Analysesoftware Power BI (Business Intelligence). Damit lassen sich nicht nur bereits abgeschlossene Leistungen auswerten, sondern auch Prognosen auf der Basis von Künstlicher Intelligenz erstellen. Mein Kollege Felix Samu hat das Thema BI hier sehr anschaulich beschrieben. Wer solche komplexen Analysen auch noch in sein TMS quetschen will, macht ein operatives Arbeiten mit dem System faktisch unmöglich. Schon allein aufgrund der erforderlichen Vielzahl an Rechenoperationen. Ein klassisches TMS ist sozusagen an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gestoßen. Es kann nicht mehr aus sich heraus wachsen und weiter komplexer werden. Game Over. Dabei lässt es sich durchaus sinnvoll erweitern – wenn es die technologische Basis zur Nutzung von Microservices bietet. Damit integriert es ohne Leistungsverlust noch viele weitere Aufgaben. Das Transportmanagement bleibt also wichtiger Bestandteil der speditionellen Gleichung – es wird aber nie mehr die Universallösung für alle speditionellen Fragen sein.

Wie die Widerspruchskultur Unternehmen stärkt

Nein-Sager kommen manchmal weiter. Nicht unbedingt die, die zu allem stets nur nein sagen. Aber diejenigen, die sich trauen, zu widersprechen und zu debattieren. Denn ist das nicht eigentlich der Kern jeden Fortschritts? In jedem Fall ist es der unbequemere Weg. Denn es widerspricht dem Harmoniebedürfnis mancher Menschen, vor allem im Job. Man eckt deutlich an, stößt sein Gegenüber vielleicht sogar vor den Kopf. Wer nein sagt, galt darum lange Zeit als Querulant. Doch wie viele Start-ups sind von Angestellten gegründet worden, die in ihren Jobs nein sagten und denen nicht zugehört wurde? Einige der erfolgreichsten dieser ehemaligen Neinsager-Entrepreneure wie Steve Jobs feiern wir heute – und machen wir uns immer mehr bewusst, wie wichtig es eigentlich ist, eine gesunde Widerspruchskultur zu etablieren.

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Widerspruchskultur oder Majestätsbeleidigung?
„Die Stärke eines Teams liegt in unterschiedlichen Persönlichkeiten mit verschiedenen Perspektiven“, brachte es AOL-Gründer Steve Case einmal auf den Punkt. Die unterschiedlichen Wahrnehmungen und Sichtweisen zu einem Thema helfen dabei, ein Produkt oder auch die eigene Unternehmenskultur zu verbessern. Dazu muss es allerdings zunächst einmal eine Firmenkultur geben, in der die Meinungsäußerung auch gewünscht ist – vom Staplerfahrer bis zur Führungsebene. Jeder kreative Input und konstruktiver Widerspruch ist wertvoll und führt im Idealfall dazu – mit Blick auf das angestrebte Ziel – zum besten Ergebnis zu kommen. Fragen Sie sich einmal selbst, wie Ihr Unternehmen eigentlich mit Widerspruch umgeht. Und wie oft Sie selbst vielleicht schon etwas abgenickt haben, obwohl sie wussten, dass es nicht der beste Weg war?

Nehmen wir einmal an, Sie seien im mittleren Management tätig. Nun erhalten Sie beispielsweise eine Idee aus der Chefetage zur Umsetzung eines IT-Projekts mit internen Kräften, die reichlich begeistert an sie herangetragen wird. Sie sind allerdings näher an der Praxis, können die Chancen der Umsetzung besser einschätzen und wissen außerdem, wie es um die Zeit Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht. Sie können nun also entweder innerlich mit den Augen rollen, die Idee annehmen, von der sie nicht überzeugt sind und die ihr IT-Team zusätzlich belastet. Oder Sie können etwas ganz Unerhörtes machen und ablehnen. In vielen Unternehmen gilt das beinahe schon als Majestätsbeleidigung. Aber was ist letztlich das Beste im Sinne des Unternehmenserfolgs? Ist es vielleicht effizienter, die eigenen IT-Kräfte in Kundenprojekten einzusetzen und stattdessen vorzuschlagen, einen externen Dienstleister ins Boot zu nehmen?

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Widerspruchskultur gezielt fördern
Ein wichtiges Wort ist im Zusammenhang mit Widerspruch freilich unerlässlich: begründet. Es geht nicht darum, etwas einfach nur abzuschmettern. Auch wenn man das vielleicht aus dem Zitat von einem der erfolgreichsten Neinsager herauslesen könnte. Auf die Frage, was wirklich erfolgreiche Menschen ausmache, meinte der Multimilliardär Warren Buffett: „Letztere sagen zu fast allem Nein.“ Dabei geht es allerdings um eine fundierte Einschätzung, sozusagen ein begründetes Veto. Eine solche konstruktive Widerspruchskultur im eigenen Unternehmen zu etablieren, funktioniert nicht von heute auf morgen, sondern braucht Zeit. Aber es ist nicht nur im Sinne des Unternehmenserfolgs wichtig. Konzerne wie die Deutsche Telekom nehmen dieses Thema unter anderem besonders deshalb ernst, weil es Compliance-Verstößen vorbeugt. Dazu hat sich der Telekommunikationsriese externe Hilfe an Bord geholt.

Wie aber wandelt man eine Unternehmenskultur, in der genau das bislang nicht gewünscht war? Wie überzeugt man Mitarbeitende davon, dass sich hier ein Wandel vollzieht? Führungskräfte sollten dabei mit gutem Beispiel vorangehen. Zum Beispiel, indem sie nicht nur Erfolge feiern, sondern auch offenlegen, was nicht so gut geklappt hat. Oder indem sie sich wünschen, in Zukunft frühzeitig konstruktiv-kritisches Feedback zu erhalten. Im Sinne von Steve Case ist es wichtig, wertschätzend mit dem Widerspruch umzugehen und zu akzeptieren, wenn Mitarbeiter andere Sichtweisen darlegen oder auch einmal nein sagen. Der Weg zur Widerspruchskultur ist keine Schnellstraße, sondern mitunter eine Buckelpiste. Aber in jedem Fall eine wichtige Bereicherung für das gesamte Unternehmen.

German Angst: Kein modernes Märchen

Es war einmal vor langer Zeit in einem fernen Land, in dem viele innovative Pioniere lebten. Sie waren dem Geist der Zeit voraus und schufen mit viel Ideenreichtum und Unternehmergeist ein Wirtschaftswunderland. Mit Mut und Fleiß schafften es diese emsigen und engagierten Menschen, Wohlstand zu erlangen und viel Anerkennung in der ganzen Welt zu erfahren.

Doch dann geschah etwas Unerwartetes: Immer mehr bürokratische Kleinkrämerseelen tauchten auf und hinterfragten alle Ideen und fortschrittlichen Entwicklungsansätze. Nicht mehr die Chancen eines möglichen Erfolgs standen im Vordergrund, sondern vielmehr die Angst vor immer neuen Regelungen, vor strengeren Auflagen und schließlich vor dem Scheitern an sich. Wo man sich früher gerne fragte: „Wäre es nicht schön, wenn …“, verstummten nun viele. Denn immer öfter lautete die Antwort: „Aber was ist, wenn es schief geht?“

Dunkle Wolken zogen am Horizont der einst sonnigen Zukunft des Wirtschaftswunderlands auf. Es mutierte zum Land der vertanen Chancen. Denn all die kreative Energie floss nun nicht mehr in die Realisierung neuer Ideen, sondern im Ausfindigmachen von damit zusammenhängenden Bedenken.

Und wenn sie sich nicht eines Besseren besonnen haben, lamentieren sie noch heute darüber, warum etwas eigentlich nicht umsetzbar ist.

German Angst: weit verbreitet

Ein schauerlich klingendes Märchen, hinter dem leider mehr Realität steckt, als man vermuten mag. Es hat sogar einen sehr konkreten und bedauerlicherweise treffenden Namen: „German Angst“! Vor einigen Jahren bereits konnte ich Zeuge eines sehr kuriosen Vorfalls werden, der mir bis heute nicht aus dem Sinn geht. Dieses Schlüsselerlebnis hatte ich bei einer Veranstaltung des Fraunhofer IML in Dortmund. Einmal im Jahr lädt das Forschungsinstitut die Teilnehmer der „warehouse logistics“, einer Logistik-IT-Datenbank, zu einem Treffen ein. Eines der zentralen Themen ist der Einblick in aktuelle Forschungen am IML. Während der Präsentation eines wirklich interessanten Projekts geschah es: Jemand im Auditorium meldete sich zu Wort und fragte: „Ist denn das, was Sie da entwickeln, eigentlich auch Datenschutzkonform?“ Nach dieser Frage herrschte einige Zeit betroffenes Schweigen. Weder der Fraunhofer-Mitarbeiter noch viele der Zuhörer konnten recht erfassen, ob es sich um einen scherzhaften Einwand oder eine ernstgemeinte Frage handelte. Da aber niemand lachte und der Fragesteller erwartungsvoll schaute, erhielt er zur Antwort, dass das Fraunhofer IML eine Forschungseinrichtung sei. Die Einhaltung von Datenschutzrichtlinien obliege den Nutzern der Forschungsergebnisse, nicht aber dem Institut.

Die Zwischenfrage wäre nicht der Rede wert, wenn sie im Rahmen einer Befragung unter zufällig ausgewählten Interviewpartnern auf einer Dorfkirmes gestellt worden wäre. Doch diese Frage kam unaufgefordert aus dem Unternehmerkreis. Ein verantwortlicher Entscheider, der die Weichen seines IT-Unternehmens stellt, dieses für die Zukunft rüstet und vermutlich genau dies als fachkompetenter Partner seinen Kunden als Leistung offeriert. Sicherlich ist Datenschutz wichtig. Gesetze sind zu beachten. Darüber muss man nicht diskutieren. Hinter dieser Frage steckt allerdings ein Mindset, das allzu verbreitet ist. Wenn es um disruptive Veränderungen geht, sind wir hierzulande eher vorsichtig. Diese kollektive Verhaltensweise der Deutschen ist vor allem im Ausland berüchtigt. Das Ganze geht sogar so weit, dass es der Begriff „German Angst“ in den alltäglichen Sprachgebrauch der wesentlich chancenorientierter denkenden US-Amerikaner geschafft hat.

 

Stärker chancenorientiert denken

Und auch, wenn (noch) viele Innovationen aus Deutschland kommen: Die damit verbundenen Chancen nutzen oft andere. Der MP3-Codec, der die Begeisterung für digitale Musik erst ermöglicht hat, wurde zwar am Fraunhofer Institut hierzulange entwickelt. Aber erst mit dem iPod aus Cupertino wurden digitale Musikspeicher zum echten Massenphänomen. Den Durchbruch von Handys ohne Tastatur erreichten ebenfalls die Damen und Herren von Amerikas Westküste. Elektroautos? Erst nachdem Tesla zeigte, dass es einen lukrativen Markt dafür gibt, wagten sich hiesige Hersteller an das Thema. Die Liste an Beispielen ließe sich beinahe beliebig lang fortsetzen und sie zeigt, dass am Stereotyp der „German Angst“, gerade im Gegensatz zur amerikanischen Chancenorientiertheit, viel mehr dran ist, als uns lieb sein kann. Oder fallen Ihnen auch nur zwei disruptive Veränderungen in Form von Produktschlagern aus hiesigen Landen der letzten Jahre ein, die dem widersprechen?

Gleichzeitig etablieren sich Begriffe wie Change-Management, disruptives Denken und Vorgehen. Wie passt das zusammen? Wie bekommen wir die Schnelllebigkeit der Veränderungsprozesse mit der uns nachgesagten „German Angst“ in Einklang?

Hermann Hesse hat einmal formuliert, dass man das Unmögliche versuchen müsse, um das Mögliche zu erreichen – er kannte vermutlich den Datenschutzkonformitätsgedanken noch nicht.

Selbstsabotage: Machen wir uns doch nichts vor!

Manchmal machen wir uns gerne etwas vor. Wir erzählen uns eine Geschichte, um uns zu beruhigen. Zum Beispiel: „Rauchen ist zwar nicht gesund, aber Helmut Schmidt ist ja trotz Mentholzigaretten 96 Jahre alt geworden. Warum also gleich überstürzt aufhören?“ Diese Art des Selbstbetrugs bedeutet zudem Selbstsabotage. Denn mit solchen Stories befreien wir uns von dem Druck, eine liebgewonnene Komfortzone zu verlassen. Selbst, wenn das eigentlich in unserem Interesse wäre. Stattdessen lullen wir uns selbst ein. Was im kleinen Maßstab in der ein oder anderen Weise auf jeden Einzelnen von uns Zutrifft, gilt im größeren Maßstab auch für ganz Unternehmen. 

Beispielsweise, wenn es um die Werte und die Unternehmensphilosophie geht. Fragen Sie sich nicht manchmal auch, woher die Liste an positiven Werten und Zuschreibungen in einem Betrieb kommt? Von modernen Arbeitgebern liest man da oft, lebendigen Unternehmenskulturen, starken Teams, der Möglichkeit zur Entfaltung persönlicher Potenziale. Wie häufig solche Einschätzungen eher auf dem Wunschdenken der Geschäftsführung als auf Umfragen unter den Mitarbeitenden basieren, zeigt dann ein Abgleich mit Kununu. Wenn man sich etwas nur oft genug laut vorsagt, glaubt man es eben irgendwann selbst. Dabei muss die zugrundeliegende Einschätzung nicht einmal immer schon so schief gewesen sein – lediglich der regelmäßige Abgleich mit der Realität ist über die Zeit etwas verloren gegangen. Der unternehmerische Selbstbetrug findet dann statt, wenn Firmen sich der veränderten Realität nicht stellen wollen – und damit Selbstsabotage begehen, weil sie sich die Chance auf Weiterentwicklung versagen. 

 

 Ein regelmäßiger Realitätsabgleich ist wichtig 

So wie viele von uns vielleicht den Zeitpunkt aufschieben, dann doch langsam mal mit dem Sport anzufangen – weil man es ja noch gerade so ohne Keuchhustenanfall über die Treppe in den zweiten Stock schafft. Kein Handlungsbedarf also. Veränderung? Nicht jetzt. Läuft doch! Ebenso schieben manche Unternehmen den Punkt hinaus, an dem sie sich der neuen Realität stellen und etwas verändern müssten. Immer wieder verlassen Mitarbeiter das Unternehmen? So sind die Zeiten eben. Wir haben jedenfalls noch jede ausgeschriebene Stelle besetzen können. Läuft doch noch! Kunden wechseln zum Wettbewerber? Dann müssen wir eben die Kaltakquise kräftig ankurbeln. Das fangen wir wieder auf – läuft doch! Bloß nicht zu genau analysieren, was aus welchen Gründen da gerade etwas passiert. Auch das sind klare Symptome der unternehmerischen Selbstsabotage. 

 Das ist alles freilich sehr überspitzt. Aber einmal Hand auf’s Herz: wie lange hängen Sie gewohnten und bewährten Mustern an, bevor Sie etwas ändern? Selbstbetrug ist eine Art Schutzschild, um uns vor Unbequemem zu schützen. Wikipedia ist voll von Einträgen zu Unternehmen, die dem Selbstbetrug verfallen sind und sich mit wohlig-warmen Geschichten von der eigenen Unverzichtbarkeit eingelullt haben. Filmhersteller Kodak, Versandhaus Quelle, Computerpionier Commodore, Radiohersteller Saba – sie alle legen Zeugnis ab von der Wichtigkeit, Veränderungen rechtzeitig umzusetzen. Und sie alle haben sich damit selbst sabotiert. 

Veränderung ist selten bequem, aber besser als Stillstand 

Es gibt auch zahlreiche positive Beispiele: Als die Zeit der papiernen Spielkarten in den 50er Jahren für Nintendo keine Zukunft mehr versprach, sattelte man recht experimentierfreudig auf völlig andere Branchen um. Im Bereich Unterhaltungselektronik ist der japanische Gigant heute fest etabliert. Wrigley’s begann mit Seife und Backpulver, Samsung war einmal ein Lebensmittelhändler und Lego stellte ausschließlich Holzspielzeug her. Sie alle haben die Zeit überdauert, weil sie sich nichts vorgemacht haben. Stattdessen haben sie sich der Realität gestellt und Veränderungen eingeleitet. Wer den Wandel gestalten will, muss ihn allerdings auch erkennen wollen. 

Bequem ist eine solche Veränderung nie. Die Wahrheiten, die bei genauerem Hinschauen zutage treten, sobald man die alte und eingespielte Erzählung einmal hinterfragt, sind nicht immer schmeichelhaft. Aber der Wandel ist unvermeidbar, gerade in Zeiten einer sich beschleunigenden Digitalisierung. Und diese Art der Selbstsabotage kann und muss durchbrochen werden. Schreiben Sie statt einer Geschichte, die einmal wahr war, lieber eine neue, die heute wahr ist. Hören Sie Mitarbeitern und Kunden zu, hinterfragen Sie sich und Ihre Arbeit regelmäßig. Auch wenn es unbequem ist, ist es nötig. Und nun entschuldigen Sie mich, ich muss mit den Kollegen vom Think-Tank zum Sport, wir müssen uns noch einiges durch den Kopf gehen lassen … 

Starkes Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit: Dunning-Kruger-Effekt

Der Klügere gibt nach, heißt es sprichwörtlich. Wenn das allerdings alle Klugen stets beherzigen würden, wäre das fatal. Zum Glück ist es nicht immer so, dass die weniger Wissenden den Ton angeben. Trotzdem steckt mehr als nur ein Funke Wahrheit in dem alten Sprichwort. Denn vermutlich haben wir alle schon einmal erlebt, dass ausgerechnet diejenigen, die sich und ihre Fähigkeiten stark überschätzen, sich mitunter besonders selbstsicher und laut auf die eigene Schulter klopfen. Sie wissen dies und kennen jenes schon, können zu allem etwas beitragen und selbst ausgewiesene Experten noch mit Halbwissen kleinreden. 

Inkompetenz trifft Selbstüberschätzung 

Immerhin sagte schon Sokrates: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Aber dazu gehörte damals wie heute die Fähigkeit der Selbstreflexion. Wem es daran ganz entschieden mangelt und wer sich gleichzeitig für den großen Zampano hält, bei dem spricht man im Englischen von der „Superiority Illusion“. Die Psychologen David Dunning und Justin Kruger führten dazu 1999 eine Untersuchung an der US-amerikanischen Cornell University durch. Dabei ging es um die kognitive Selbsteinschätzung der Studenten. Das Ergebnis der Studie: Inkompetente Menschen sehen sich häufig nicht als solche, sondern überschätzen ihr eigenes Können regelmäßig. Gleichzeitig verwehren sie sich durch ihre Ignoranz einen echten Erkenntnisgewinn und verschließen die Augen vor kompetenteren Zeitgenossen. Diese merkwürdige Melange aus mangelnder Selbsterkenntnis, Ignoranz und überhöhter Selbstsicherheit wird seither auch als Dunning-Kruger-Effekt bezeichnet. 

 

Dunning-Kruger-Effekt in Unternehmen 

Auch in Unternehmen soll es gelegentlich vorkommen, dass Vertreter dieser Art in Schlüsselpositionen auftreten. Wenn beispielsweise Entscheidungsträger einen Bereich verantworten, der zwar unter ihre Befugnis, nicht aber in ihren Kompetenzbereich fällt. Die besonders hohe Selbstsicherheit gepaart mit einem autoritären Stil ersticken rasch jede noch so berechtigte Kritik an einem einmal entschiedenen Vorgehen im Keim. Geht etwas schief, suchen die Vertreter des Dunning-Kruger-Effekts dann gerne die Schuld bei anderen oder äußeren Einflüssen – denn an der eigenen Unfehlbarkeit besteht ja gar kein Zweifel. Und die Chance, dass dem Unternehmen durch dieses Verhalten Aufträge entgehen oder zumindest ein Imageschaden entsteht, ist hoch. Darüber hinaus verprellt dieses Verhalten fähige Kolleginnen und Kollegen, die im schlimmsten Fall das Unternehmen verlassen. 

 

Vorbeugende Maßnahmen 

Und was lässt sich da machen? Gibt es da nicht was von Ratiopharm? Leider nicht. Aber wer sich diese Punkte immer wieder bewusst macht, ist schon ein gutes Stück weiter: 

 

  • Konstruktives Feedback einfordern
    Gute Ideen entstehen in einem Kopf, aber reifen erst dadurch, dass man sie mit anderen teilt. Fordern Sie darum immer konstruktive Kritik ein und erreichen damit nebenbei, dass sich ein ganzes Team verantwortlich für das Gelingen eines Projekts fühlt, weil es an dessen Entstehung beteiligt ist. 
  • Selbstkritisch bleiben
    Niemand hat die Antwort auf alle Fragen, auch Experten nicht. Denken Sie an Sokrates. Darum bleiben Sie sich und ihren Fähigkeiten gegenüber zu einem gewissen Grad kritisch und machen Sie sich klar, dass es niemanden gibt, der nichts mehr dazulernen muss. 
  • Neugierig und offen bleiben
    „Argumentiere, als hättest du recht und höre zu, als würdest du falsch liegen“, lautet ein prägnantes Zitat des amerikanischen Organisationspsychologen Karl Weick. Den Argumenten des Gegenübers zuzuhören, sie gedanklich zu durchdringen und dann sachlich zu bewerten ist für die Erweiterung des eigenen Horizontes wichtig. 

Der vielleicht schwierigste Teil: Wer einem Dunning-Kruger-Vertreter begegnet, sollte sachlich und beharrlich darlegen, welche Gründe beispielsweise für ein anderes Vorgehen sprechen. Die Argumentation darf sich nicht gegen die Person richten, sondern sollte stets im Sinne des bestmöglichen Outcomes für das Unternehmen erklärt werden. Es kann hilfreich sein, wenn weitere Kolleginnen und Kollegen die Argumente stützen. Denn wenn die Klügeren immer nachgeben – wem ist dann am Ende geholfen? 

Was uns Superhühner über gute Teams verraten

„Ich wollt‘ ich wär‘ ein Huhn – ich hätt‘ nicht viel zu tun. Ich legte täglich nur ein Ei und sonntags auch mal zwei“, heißt es in einem alten Schlager. Dass die wenigsten Hühner sich allerdings aus bekannten Gründen Gedanken um ihre Altersvorsorge machen müssen, bleibt dabei unerwähnt. Was das gackernde Geflügel allerdings tatsächlich ausmacht, ist ein ausgeprägtes Sozialverhalten. Hühner sind sehr gesellig und – gemäß Managementterminologie – eindeutig teamfähig. In dieser Eigenschaft, kombiniert mit übermäßig gesteigerter Produktivität, verraten sie uns viel darüber, was ein gutes Team ausmacht.

Mit dem Klischee des scheinbar müßigen Lebens der gefiederten Tierchen wollte Dr. William Muir (Biologe der Purdue University) aufräumen. Von wegen, jeden Tag nur ein Ei legen – da ist doch sicher mehr drin! Der Evolutionsbiologe bemaß die Produktivität von Hühnern anhand ihrer Eierquote: Je mehr Eier, desto leistungsfähiger das Huhn. Super Chicken nannte er diese Top-Performer, die er gezielt zur Fortpflanzung selektierte. Daneben hielt er eine Vergleichsgruppe durchschnittlicher Hühner, die völlig unbehelligt ihr im Schlager besungenes Leben führen und sich nach Belieben fortpflanzen durften. Nach einigen Generationen hätte man erwarten können, dass die Superhühner ihren durchschnittlich eierlegenden Artgenossen den Rang abgelaufen hätten – aber es kam anders.

 

Helpfulness statt Hackordnung

Nach sechs Generationen hatten die ehemaligen Durchschnitts-Performer ihre Produktivität gesteigert und erfreuten sich bester Gesundheit und einem vollen Federkleid. Die Lage bei den Superhühnern war dagegen desolat: Nur drei hatten überlebt. Sie waren gestresst, aggressiv und nicht gesund. Man könnte im übertragenen Sinne sagen, dass die gefiederten Top-Performer ein starkes Konkurrenzdenken auszeichnete. Das Sozialverhalten der Tiere hatte sich drastisch verändert. Statt einem einträchtigen Neben- und Miteinander zählte die Devise: Jede Henne für sich. Auseinandersetzungen waren viel häufiger und verliefen deutlich brutaler als bei der Vergleichsgruppe, Konkurrentinnen wurden nicht selten zu Tode gepickt.

Und die Moral von der Geschicht‘: Nur auf Top-Performer zu setzen, lohnt sich nicht. Denn die setzen vor allem auf Konkurrenzkampf. Und wer seine Energie darauf verwendet, gegen- statt miteinander zu arbeiten, hält das ganze System auf -. Die Teamatmosphäre wird ungenießbar und die Gefahr steigt, dass gute Mitarbeiter*innen das Unternehmen verlassen. Statt individueller Höchstleistungen sollten Firmen vielmehr auf eine gute Teamstruktur setzen, in der die Kolleg*innen sich gegenseitig vertrauen, inspirieren, kritisch hinterfragen und gemeinsam weiterbringen. Diese Art des Mindsets fasst der Begriff „Helpfulness“ recht anschaulich zusammen. Denn er beschreibt die Fähigkeit eines Teams, miteinander zu kommunizieren, sich zu unterstützen und Wissen zu teilen. Nicht, damit eine einzelne Person gut dasteht, sondern im Sinne des gemeinschaftlich gesetzten Ziels. Von diesem Spirit profitieren Unternehmen.

Viele Eier sind nicht alles

Beispiel Google. Für ein Suchmaschinen-Unternehmen, so könnte man vermuten, liegt Effektivität vielleicht in der Anzahl von Codezeilen, die ein Programmierer pro Tag erarbeitet. Eine klar quantifizierbare Größe. Aber viel Programmcode bedeutet nicht automatisch hohe Effizienz – im Gegenteil. Google berief deshalb das Projekt „Aristoteles“ ein, um zu untersuchen, was ein gutes und erfolgreiches Team ausmacht und befähigt, um effektiv und effizient zu arbeiten. Das Ergebnis der Untersuchung beinhaltet fünf wesentliche Faktoren:

  1. Psychologische Sicherheit
    Teammitglieder fühlen sich in der Gruppe sicher. Darum holen sie Anregungen und Meinungen von Kolleg*innen ein, teilen Informationen über persönliche Vorlieben und Arbeitsstile und ermutigen andere, das Gleiche zu tun. Weil sie offen miteinander sprechen können, entsteht ein wohliges Arbeitsklima.
  2. Verlässlichkeit
    Die Teammitglieder arbeiten gewissenhaft und unterstützen sich gegenseitig. Jedes Teammitglied hat eine klar definierte Rolle und Verantwortlichkeit. Konkrete Projektpläne sorgen für Transparenz für alle Beteiligten.
  3. Klare Ziele
    Die Gruppe hat klare Teamziele und jedes Teammitglied kennt den Plan zum Erreichen dieser Ziele. Diese sind nicht von oben verordnet und realitätsfern, sondern unter Mitwirkung der Mitarbeiter*innen entstanden.
  4. Fehlerkultur und Unterstützung
    Teammitglieder erhalten regelmäßig positives Feedback für das, was sie hervorragend machen. Nicht nur von Kolleg*innen, sondern auch von Vorgesetzten. Sie wissen, dass sie sich auf Hilfe verlassen können, wenn sie Schwierigkeiten haben. Es herrscht ein konstruktiver Umgang mit Fehlern.
  5. Vision und Wirkung
    Das Team hat eine klare Vision davon, wie die Arbeit jedes Teammitglieds direkt auf die gesetzten Ziele der Gruppe und des Unternehmens einzahlt. Zugleich hat das Team den nötigen Raum, die Auswirkungen seiner Arbeit auf Kunden und die Unternehmensorganisation als Ganzes zu reflektieren und denkt empfänger- statt absenderorientiert.

Das Fazit dieser Untersuchung: Ein Unternehmen ist nur dann erfolgreich, wenn ein ganzes Team dazu seinen Beitrag leisten. Kein erfolgreiches Unternehmen ruht auf dem Ehrgeiz und des Konkurrenzdenkens eines Einzelnen. Das wusste selbst Steve Jobs: „Great things in business are never done by one person. They’re done by a team of people.“ Und damit das funktioniert, braucht es nicht möglichst viele Superhühner, sondern eine möglichst gute Arbeitsatmosphäre.

„Be water my friend“ – Bruce Lee und die Cloud 

Wir nutzen viele bildhafte Umschreibungen für Unnachgiebigkeit und Standfestigkeit: „Wie ein Fels in der Brandung stehen“, „eisenhart bleiben“ oder „sich verwurzeln“. Beharrlichkeit hat zweifelsfrei nicht nur aus sprachlicher Sicht etwas Faszinierendes. Das gilt auch im Unternehmenskontext, denn letztlich ist jede Geschäftsidee der Unnachgiebigkeit ihrer Erfinder zu verdanken. Von etwas derart überzeugt zu sein, dass man es gegen alle Widerstände verteidigt, ist durchaus beachtlich. Aber es blockiert unter Umständen Fortschritt und Weiterentwicklung und fördert nicht die Möglichkeiten einer besseren Zukunft. Wer beispielsweise aus Gewohnheit an alten Methoden oder alter Technologie festhält, weil er eine neue Entwicklung nicht einzuschätzen vermag, kann sein Unternehmen damit gegenüber der Konkurrenz schnell ins Hintertreffen befördern. 

 

Kontrolle und Flexibilität 

Die Devise muss also stattdessen lauten, stets flexibel und offen für Neues zu sein. Kung-Fu-Legende Bruce Lee brachte es in einem Interview von 1971 folgendermaßen auf den Punkt: „Be water, my friend!“ Denn nicht der starre Stein sei eigentlich das Sinnbild für Stärke, sondern das anpassungsfähige Wasser, das auch den stärksten Felsen aushöhlen kann. Kontrolliertheit bei gleichzeitiger Flexibilität und der nötigen Wucht in der Umsetzung, wenn nötig – das mache Wasser so stark. Übertragen auf den Unternehmenskontext kann man ableiten, dass es um das richtige Gleichgewicht dieser beiden Pole geht: Kontrolle und Flexibilität. Nicht dem einen Extrem zu verfallen und damit zu erstarren, aber auch nicht dem anderen und damit außer Kontrolle zu geraten. Beides so gut zu beherrschen wie Wasser – das ist die Kunst. 

Daten müssen fließen 

In diesem Sinne sind auch Unternehmen stets gut beraten, im Hinblick auf Ihre IT flexibel zu bleiben. Auch für sie gilt: „Be water, my friend!“ Internationale Lieferketten, Produktionsprozesse, Vertrieb und Marketing – sie alle sind auf eine flexible IT angewiesen. Informationen und Daten müssen transparent für alle Beteiligten Partner sein und fließen – ganz ähnlich wie WasserDerzeit wird kein anderes Konzept diesen hohen Anforderungen besser gerecht als Cloud-LösungenUnternehmen müssen sich bei Cloud-Services nicht mehr um das Management der Infrastruktur, Lebenszyklen von Serverkomponenten oder regelmäßige Systemupdates kümmern. Die Systeme sind außerdem standortunabhängig einheitlich und jederzeit erreichbar. 

 

Aber vor allem bieten Cloud-Lösungen deutlich mehr Flexibilität und Skalierbarkeit als reine On-Premises-Rechenzentren – zum Beispiel, wenn es darum geht, virtuelle Desktops für neue Mitarbeiter bereitzustellen. Oder die Kolleginnen und Kollegen mit virtuellen Desktops auch im Homeoffice dazu in die Lage zu versetzen, ebenso effizient weiterzuarbeiten wie im Büro. Kein Wunder also, dass diese Dienste seit letztem Jahr besonders stark nachgefragt werden. Eines ist vielen Unternehmen bereits klar: Ohne Cloud wird der digitale Wandel angesichts der stetig steigenden Anforderungen an Vernetztheit und Kommunikation schwierig. Und die meisten ziehen dabei sogenannte Hybrid-Cloud-Lösungen vor. 

 

Das Beste aus beiden Welten 

Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie von IDG Research Services, Computerwoche und CIO in Zusammenarbeit mit Dell, Intel, Google Cloud und weiteren großen IT-Unternehmen. Die Hybrid-Cloud vereint eine lokale Infrastruktur vor Ort mit Cloud-Diensten wie beispielsweise Microsoft Azure – und damit ein hohes Maß an Sicherheit und Kontrolle mit der flexiblen Skalierbarkeit, inklusive Betrieb durch einen Dienstleister. Unternehmen können auf diese Weise in all den Bereichen international in der Rechner-Wolke arbeiten, wo es sinnvoll ist. Und wenn es um kritische Anwendungen und besonders sensible Daten geht, behalten sie in der privaten Cloud ihres Unternehmens die Hoheit darüber. Das Beste aus beiden Welten, sozusagen. Und darum: „Be watermy friend!“ 

 

 

Monkey First: Projektmanagement mal andersrum

Man muss das unmögliche Versuchen, um das Mögliche zu erreichen. So hat Herrmann Hesse es einmal formuliert. Damit hat er sehr anschaulich umschrieben, wie man neuen Herausforderungen begegnen sollteAber wie geht man so etwas am Besten an? Klar: QuickWins. Erst einmal das machen, was bekannt ist und damit schnell Fortschritte erzielen. Das ist geübte Praxis und man kann sich schön auf die schwierigen Dinge eingrooven. Die ersten Erfolge stellen sich bald ein und man ist in Fahrt für die kniffligen Arbeiten. Das motiviert und hilft dabei, die anfängliche Schockstarre zu überwinden, die einen vielleicht angesichts des Umfangs des ein oder anderen Projekts überkommt. Nach diesen Quick-Wins folgen die restlichen Aufgaben in steigender Komplexität. 

Monkey First: Wie man ein Projekt auch anders angehen kann 

Allerdings neigen wir dazu, den besonders schwierigen Teil, der nicht selten der eigentliche Kern der betreffenden Aufgabe ist, immer weiter nach hinten zu schieben. Dabei konzentrieren wir uns auf weitere Quick-Wins. Es gibt jedoch einen Ansatz, der genau andersherum funktioniert. Nimmt man beispielsweise einmal an, man wollte einem Affen beibringen, auf einem Podest stehend aus einem Werk von Shakespeare zu rezitieren. Das Podest zu bauen ginge schnell und wäre somit ein Quick-Win, aber ziemlich sinnlos, wenn der Primat am Ende nicht performen kann. Darum beginnt man genau damitDiese Art der Priorisierung im Projektmanagement nennt sich „Monkey First“. So lautet auch das Mantra der kreativen Geister bei Google X, von denen diese Idee stammt. 

Beim Projektmanagement von Google lernen 

Das bedeutet: Die einfach zu realisierenden Aufgaben sind zunächst einmal zu vernachlässigen. Denn dass diese später gelingen werden, steht gar nicht in Frage. Stattdessen konzentriert ein Team sich voll darauf, den schwersten Teil eines Projekts zuerst anzugehen. Das kostet ungleich viel mehr Anstrengung, liefert aber im Vergleich zur anderen Herangehensweise sehr viel früher die Erkenntnis, ob das Projekt überhaupt gelingen kann. 

Ein Beispiel: Google X begann 2010 mit der Arbeit auf dem Gebiet des autonomen Fahrens. Das war nicht nur sehr teuer, sondern erzielte auch keine kurzfristigen Erfolge. Es gab im Gegenteil sogar reichlich RückschlägeTrotzdem zog der Internetgigant die Entwicklung durch. Waymo heißt das daraus resultierende heutige Unternehmen, das sich ganz dem autonomen Fahren verschreibt. Und die Investmentbank Morgan Stanley schätzte den Börsenwert von Waymo bereits vor zwei Jahren auf etwa 175 Milliarden Dollar – so viel wie Daimler und VW zusammen. 

Neben diesem Positivbeispiel gibt es aber auch grandios gescheiterte Projekte: das Projekt Loon, mit dem Google via Ballons auch entlegenste Gebiete auf der Welt an das Internet anbinden wollte, stellte der Internetgigant Anfang dieses Jahres ein. Der Grund: Es gab keine Perspektive für einen wirtschaftlichen Betrieb. 

Wann und warum Monkey First überhaupt sinnvoll ist 

Nun planen die allermeisten Unternehmen nicht gerade, die Welt der Mobilität im Alleingang zu revolutionieren. Warum sollte man sich also überhaupt mit diesem Vorgehen im Projektmanagement beschäftigen? Natürlich macht die Monkey-First-Strategie nicht in jedem Projekt Sinn. Welche Vorteile sie allerdings unter bestimmten Umständen bietet, möchte ich in einer kurzen Übersicht zusammenfassen: 

 

  • Schnelle Innovationszyklen: Gerade bei neuen Ideen liefert diese Strategie schnelle Ergebnisse. Statt sich in kleinen Schritten heranzutasten, wird zunächst im übertragenen Sinne dem Affen das Lesen beigebracht. Beispielsweise, als es um die Frage ging, ob eine Drohne bei der Inventur in der Logistik helfen kannEine leicht modifizierte Standard-Drohe mit Kamera und ein paar Aufkleber auf Testpaletten später war klar, dass es grundsätzlich gelingen konnte. Der Rest war ab dann vergleichsweise leicht und das Kreativ-Team konnte sich einer neuen Aufgabe widmen, während ein Produkt-Team sich an die Umsetzung macht. Das sorgt für schnelle Innovationszyklen.
     
  • Scheitern ist eine OptionWer sich auf innovative Ideen einlässt, erhält nicht immer das erhoffte Resultat – so wie Google mit Loon. Scheitern ist eine Option, und das ist in Ordnung. Dazu gehört natürlich eine entsprechende Fehlerkultur im Unternehmen. Alle Mitarbeiter sollten kreative Ideen und Verbesserungsvorschläge einbringen können. Und mindestens genauso wichtig: Sie sollten dazu motiviert und für ihre Ideen belohnt werden – unabhängig davon, was aus dieser Idee schließlich wird. Das Wichtigste ist jedochaus den gemachten Erfahrungen für künftige Projekte zu lernen.
     
  • Langzeit-CommitmentWer neue Wege gehen will, wird nicht schnell ans Ziel kommen. Gerade weil der Monkey-First-Ansatz die einfachen Schritte überspringt und sich gleich der ganz großen Herausforderung widmet, wird die Arbeit daran Zeit und somit Geld kosten. Es ist eine Investition in die Zukunft der Firma und die Chance, den Mitbewerbern künftig einen entscheidenden Schritt voraus zu sein. Quick-Wins gibt es dabei nicht. Und es müssen auch nicht immer Milliarden sein: Für ein mittelständisches Unternehmen können Moonshots mit fünf- oder sechsstelligen Beträgen pro Jahr über einen Zeitraum von mehreren Jahren bereits enorm belastend sein. Die Versuchung, sie nach einiger Zeit – vor allem in Krisenzeiten – abzubrechen, ist enorm hoch. Umso wichtiger ist es, sich voll zu einem solchen Projekt zu bekennen und es durchzuziehen, bis eine belastbare Einschätzung über den Projekterfolg vorliegt. Dazu gehört auch, wie im Fall von Loon, die Reißleine zu ziehen, wenn absehbar ist, dass daraus nichts werden kann. Sich nicht in ein Projekt zu verrennen, das zu schön ist, um wahr zu sein, erfordert ebenfalls Mut. 

Die Monkey-First-Strategie ist also keineswegs so abgehoben, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Sie ist sicherlich kein Universalschlüssel für das Projektmanagement. Aber auch, wenn sie nicht zum Tragen kommt, gehören wichtige Stellschrauben in der Unternehmenskultur dazu, von deren Implementierung Sie sicher auch so profitieren. Eine offene Fehlerkultur zum Beispiel oder die Motivation für Mitarbeiter, Ideen einzubringen. Und das wäre doch schon mal ein guter Anfang. 

 

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Strategie: „Everybody has a plan until they get punched in the mouth“

Mike Tyson wurde im Alter von nur 20 Jahren zum jüngsten Schwergewichtschampion der Boxgeschichte. Als „Iron Mike“ machte er sich einen Namen für seine harten Schläge, die vielen seiner Kontrahenten schon vor dem Match Respekt einflößten. Wer gegen ihn gewinnen wollte, musste nicht nur mental fit sein, sondern auch strategisch klug agieren können. 

So wie Evander Holyfield. Der stieg 1996 zu einem Kampf gegen Mike Tyson noch einmal in den Ring, den er eigentlich vier Jahre zuvor schon verlassen haben wollteDie Wetten standen 15:2 gegen ihn. Doch Holyfield rechnete sich selbst gute Chancen gegen „Iron Mike“ aus, wenn er seinen Plan umsetzten könnte. Mike Tyson, im Vorfeld auf die möglichen Strategien seines Gegners angesprochen, meinte dazu nur: „Everybody has a plan until they get punched in the mouth.“ Und dann geschah das Unerwartete: Holyfield gewann tatsächlich gegen den vermeintlich überlegenen Schläger, weil er einen Plan hatte und diesen während des Matches anpassen konnte. Und zwar trotz aller harten Schläge, die er einstecken musste. 

 

IT ist wie Boxen – nur ohne Rippenbrüche 

Die Moral von der Geschichte wird allerdings oft falsch ausgelegt. Everhält sich keineswegs so, dass Tyson etwas gegen Strategie oder Pläne hätte. Ohne Vorbereitung und Training hätte auch er es sonst nicht bis an die Spitze des Boxolymps geschafft. Die Frage ist vielmehr, wie man reagiert, wenn man den ersten harten Treffer einsteckt – und zwar trotz aller sorgfältigen Planung. Wie hält man sich im Ring? Das gilt nicht nur für den Boxsport, sondern auf einer übertragenen Ebene für viele Bereiche, und im Besonderen für die IT. Ein realistischer Plan, der den Anforderungen des Unternehmens gerecht wird, ist die Grundlage aller weiteren Entscheidungen. Das beginnt bei der Abwägung des passenden Betriebskonzepts, ob eigene Serverhardware, der Weg in die Cloud oder doch erst in ein externes Rechenzentrum. Besonders aktuell ist derzeit das Thema Datensicherheit, Cyberkriminalität boomt. Wer zu weit weg von seinen Anforderungen plant, Bedrohungssituationen falsch einschätzt oder gar IT-Sicherheitsaspekte völlig ignoriertder läuft Gefahr, schon beim ersten schweren Treffer im übertragenen Sinne auf die Bretter zu gehen.  

 

Harte Punches und flexible Planung 

Tyson und Holyfield haben eines gezeigt: Auch der beste Plan wird den ersten Schlag ins Gesicht nicht unbeschadet überstehen. Aber es ist wichtig, einen guten Plan und eine ausgeklügelte Strategie zu haben. Man will dem ersten heftigen Punch möglichst lange ausweichen und selbst angreifen. Wenn er dann doch trifft, gilt es zu improvisieren, nicht auf die Bretter zu gehen und sich schnell der veränderten Realität nach dem ersten Punch anzupassen. damit nicht direkt der Knock-out folgt. Ein guter Plan übersteht diesen harten Punch in seiner grundsätzlichen Strukturweil er flexibel angepasst werden kann. Weil er bestimmte Szenarien beinhaltet und alle Beteiligten schnell wissen, wie sie wieder aus den Seilen kommen. Dass solche harten Schläge trotz aller guten Planung auch treffen können, steht außer Frage. 

Daran hat auch Evander Holyfield damals nicht gezweifelt. Um darauf vorbereitet zu sein, hilft der richtige Partner an seiner Seite. Einer, der das Business kennt und im Sparring mit dem Kunden wichtige Tipps aus der IT-Praxis geben kann. Sozusagen ein Trainer, der sich nicht darauf verlässt, dass es schon irgendwie gut gehen wird und diese schweren Schläge niemals kommen. Sondern ein echter Partner, der seinen Kunden bestmöglich darauf vorbereitet, nicht gleich K.O. zu gehen. Zum Beispiel, indem er ihm hilft sich darauf vorzubereiten, wie man sich gegen Serverausfälle wappnet. Oder auch, wie man im schlimmsten Falle schnellstmöglich wieder die Betriebsfähigkeit herstellen kann. Und was bei einem Hackerangriff zu tun ist. Entscheidend ist, zusammen mit dem Partner die angemessene und sichere IT-Struktur zu eruieren, einzuführen und sie auf einem hohen Niveau immer wieder anzupassen – und zwar bevor der Punch kommt. Denn wer erst einmal benommen auf die Bretter geschickt wird, hat definitiv gerade keinen Kopf für strategische Visionen. 

Übrigens, wenn Sie sich das mit den Plänen und den Punches einmal vom „Baddest Man on the Planet“ höchstselbst erklären lassen wollen: Mike Tyson ist seit dem Ende seiner Boxerkarriere als Keynote Speaker unterwegs. Wenn es um IT-Themen geht, sollten Sie allerdings besser jemanden fragen, der sich damit auskennt. Ich könnte Ihnen da jemanden empfehlen …