Kill your company: Verpassen Sie das Boot noch oder versenken Sie es schon?

Es ist keine neue Weisheit, dass Veränderungen stetige Begleiter sind. Voraussetzungen und Geschäftsmodelle verändern sich ebenso wie Rand- und Rahmenbedingungen. Wettbewerber tauchen auf. Einige von ihnen verschwinden genauso schnell wieder von der Bildfläche, wie sie erschienen sind. Andere wiederum etablieren sich langfristig und werden zu ständigen Marktbegleitern und damit – sprechen wir es doch mal offen aus – lästig. Weil Märkte zunehmend virtuelle Handelsplätze sind, verändert sich hier ständig Vielesund zwar mit zunehmender Geschwindigkeit.

Das alles erfordert Anpassungsfähigkeit, schnelle Reaktionen und visionäre Ausblicke in eine Zukunft, über die man trefflich spekulieren und orakeln kann, die aber niemand wirklich voraussagen kannSicher ist: Veränderung findet laufend statt, ob es uns nun gefällt oder nicht. Und darum besteht auch ein stetiger Handlungsbedarf. Die Frage ist nun, welche Aktivitäten und Handlungen angemessen, notwendig und vor allem richtig sind. Um diese wichtige Leitfrage hat sich eine Community gebildet, die sich „Rebels at Work“ nennt. Sie verbindet mutige Querdenker aus allen Unternehmen und Branchen, die sich für neue Ideen begeistern statt an alten Routinen festzuhaltenDie Initiatoren Anja Förster und Peter Kreuz bringen dazu auf ihrer Website zwei interessante Aspekte ins Feld: 

 

Alle Mann an Bord! Wir sinken! 

Ein Aspekt basiert auf den Ausführungen der beiden Marketingprofessoren Peter Dickson und Joseph Giglierano. Sie führten in einem Artikel für das Journal of Marketing unter der Überschrift „Das Boot versenken oder das Boot verpassen“ sehr anschaulich aus, welche Auswirkungen das Negieren von Veränderungsnotwendigkeiten haben kann. Das Boot versenken heißt in diesem Zusammenhang: Man weiß, dass sich etwas grundlegend verändern muss. Also geht man kühn und mutig vor, scheitert mit diesem forschen Auftritt allerdings grandios. Damit so etwas nicht passiert, sind Unternehmen in aller Regel gut präpariert. Risiko- und Marktanalysen, Forschung, Planung und interne Genehmigungsverfahren sorgen neben vielen weiteren Sicherheitsmaßnahmen dafür, dass dieses Szenario nicht zur Regel wirdAber mit diesen Sicherheitsmechanismen ist zu einem gewissen Grad auch die stetige Angst verbunden, etwas zu verändern. Denn gerade hierzulande überwiegen häufig die Bedenken, Risiken werden gescheut. Man bezeichnet dieses teilweise überzogene deutsche Sicherheitsbedürfnis und Bedenkenträgertum gerne auch als „German Angst“. 

Die Folge daraus ist die zweite Risikovariante: Das Boot zu verpassen. All die Risikominimierung und die vielen Bedenken, Vorschriften und liebgewonnenen Gewohnheiten sorgen dann dafür, dass gar keine Änderungen mehr stattfinden. Man scheut jegliches Risiko so lange, bis das Boot im übertragenen Sinne eben abgefahren ist, weil Wettbewerber oder Pioniere das Ruder übernommen haben. Das kann also auch keine Lösung sein. Daraus folgtdass wir uns verändern müssen. Und zwar rechtzeitig. Damit das funktioniert, müssen wir die richtigen und notwendigen Maßnahmen kennen. Nun ist es freilich eine Sache dies alles zu verstehen und grundsätzlich veränderungsbereit zu sein. Nur: Wie erkenne ich, was tatsächlich notwendig ist? Damit sind wir bei dem zweiten Aspekt, den Förster und Kreuz in Ihrem Blog skizziert haben. 

Üben für den Ernstfall 

Hierbei geht es um ein Gedankenspiel, dass einen radikalen Perspektivwechsel erfordert. Es trägt den Arbeitstitel „Kill your Company“ – töte dein UnternehmenDabei beschäftigen sich einige clevere, wichtige und kreative Mitarbeiter mit dem disruptiven Gedanken, wie das eigene Unternehmen so richtig in Schwierigkeiten geraten könnte. Rein theoretisch, versteht sich. Wie könnte beispielsweise ein etablierter Konkurrent oder ein Start-up das bestehende Geschäftsmodell der eigenen Firma nicht nur gefährden, sondern es sogar ziemlich schnell überflüssig machenIn aller Regel wird dieses Gedankenspiel mit Begeisterung aufgenommen. Eine lebhafte Diskussion entsteht, die mit viel Fantasie und einer ganz eigenen Dynamik diverse Denkmodelle mit beunruhigenden Szenarien ans Tageslicht befördern. Diese Ergebnisse werden zusammengetragen, kategorisiert, sortiert und gruppiert. Ich nehme es einmal vorweg, es gibt eine Vielzahl an Optionen, die wirklich erschreckend sind. Dieser Ideenpool offenbart die eine oder andere offene Flanke. Er zeigt viele Schwachpunkte auf, aus denen mehr oder weniger ernsthafte Bedrohungen für das eigene Unternehmen folgen. 

Dabei geht es gar nicht darum, ob es nun wirklich so drastisch und dramatisch kommen wird wie in den krassesten Szenarios angenommen. Es geht ausschließlich darum, sich über eines klar zu werden: Da draußen gibt es diverse Menschen und Unternehmen, die sich gerade genau dieselben Frage stellen und zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Wie kann ich dieses Unternehmen aus dem Rennen schlagen? Seine Rolle im Markt übernehmen? Kurz: Einen lästigen Wettbewerber kaltstellen! Nun kommt der zweite Teil der Übung, verbunden mit der Fragestellung, welche dieser Gefährdungen und Bedrohungen am größten und wahrscheinlichsten sind. Das sind dann genau die Themenfelder, mit denen wir uns unverzüglich beschäftigen sollten. Und zwar, indem wir Maßnahmen ausarbeiten, um die Entfaltung dieser erkannten Gefahrenpotenziale zu verhindern. 

Diese Übung hilft Ihnen sicherlich dabei, sich besser auf Veränderungen und bedrohliche Szenarien vorzubereiten. Wer dies regelmäßig durchführt, dürfte zumindest einige notwendige Veränderungsoptionen aufzeigen, die gar nicht so falsch sein können. Die Antwort muss nicht unbedingt lauten, mit einem Start-up zu kooperieren, das tendenziell disruptive Ideen verfolgt. Oder gleich ganze Unternehmen und deren Know-how einzukaufen. Die Idee von Kill your company ist, sich eben nicht von Marktentwicklungen oder Konkurrenten überholen zu lassen, sondern sich gewissermaßen selbst Konkurrenz zu machen. Indem Sie langfristig Prozesse ändern oder das Produktportfolio überdenken. Indem Sie die Offenheit Ihrer Mitarbeiter und deren Einschätzungen ernst nehmen. Kurz: Indem Sie den unvermeidlichen Wandel Ihres Unternehmens gestalten wollen.